Prof. Dr. Hans-Joachim Eckstein und Dr. Alexander Fink im Gespräch zu folgender Frage ...
Prof. Dr. Hans-Joachim Eckstein/Dr. Alexander Fink
19. Februar 2019

Seit der Aufklärung, der Auflösung aller absoluten Werte und Wahrheiten, stellt man einen moralischen Zusammenbruch der Gesellschaft fest. Er schlägt sich in allen Lebensbereichen nieder. Wie äussert sich das konkret in Ihrem Fachbereich und inwiefern ist für Sie die Aussage in Sprüche 9,10: «Die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang, und den Heiligen erkenne, das ist Verstand» von Bedeutung? Läge darin gar das Potenzial für einen wirklichen Fortschritt, sprich Ansatz zur Lösung unserer Probleme?

Der Mensch kommt nicht durch die Vernunft zum Glauben, aber durch den Glauben zur Vernunft!

Prof. Dr. Hans-Joachim Eckstein, Universitätsprofessor Tübingen und Heidelberg, Theologe und Bestseller-Autor: Als akademischer Theologe erlebe ich die Offenbarung Gottes in Jesus Christus und den Fachdiskurs in der Tradition der Aufklärung als zwei Pole. Sie bilden für mich als gläubigen Wissenschaftler und vernünftig denkenden Christen keinen Gegensatz oder Widerspruch. Sie sind nicht zu trennen, aber deutlich zu unterscheiden.

Die Spannung zwischen Gottes Weisheit und menschlicher Wissenschaft, die sich auf die vorfindliche Wirklichkeit und Verfügbarkeit konzentriert, besteht nicht erst seit der Neuzeit. Schon Paulus entfaltet in 1. Korinther 1,18 ff., dass Gottes eigenes Wesen und Handeln der menschlichen Vernunft an sich nicht zugänglich wäre. Ohne die Offenbarung Gottes wäre der Mensch auf seine eigene Weisheit beschränkt. Seine Vernunft bliebe zwangsläufig auf die eigene Erfahrung begrenzt. Dabei bilden weder die Erkenntnis noch der Verstand das eigentliche Problem. Zur Torheit führen «Aufklärung» und «Historische Kritik» nur dann, wenn der Mensch vorgibt, mithilfe seines eigenen Verstandes die gesamte Realität mit den Mitteln seiner subjektiven Wahrnehmung erfassen zu können.

Nun hat Gott mit der Sendung Jesu Christi nicht nur viel mehr Wahrheit und Weisheit offenbart, sondern auch eine wesentlich andere. Mit dem anstössigen «Wort vom Kreuz» erschliesst er uns sein Wesen als Liebe. In der selbstlosen Lebenshingabe seines Sohnes entlarvt er die vermeintliche Weisheit dieser herrschsüchtigen und selbstbezogenen Welt. Seine Weisheit erschliesst Gott gerade nicht den durch Macht, Reichtum und Wissen Überheblichen, sondern den Angewiesenen, Schwachen und Unterdrückten. Gegen alle menschliche Vernunft überwältigt er durch Liebe und überzeugt durch die demütige Selbsthingabe seines Sohnes. Er macht die Törichten dieser Welt durch seinen Geist weise und überführt die vorgeblich Klugen ihrer Ichbezogenheit und Selbstherrlichkeit.
Ist diese Weisheit Gottes töricht? Wer die Erlösungsbedürftigkeit und Ungerechtigkeit dieser vermeintlich «aufgeklärten» Welt sieht, kann in Gottes Handeln nur eine tiefe Weisheit und Vernunft erkennen. Der Mensch kommt nicht durch die Vernunft zum Glauben, aber durch den Glauben zur Vernunft!

Gottes Realität pfeift uns zurück

Dr. Alexander Fink, Leiter des Instituts für Glaube und Wissenschaft, Marburg: Der aufmerksame Betrachter der Weltgeschichte kann den Zusammenbruch aller Werte bereits seit dem Sündenfall feststellen. Auch die Antike einschliesslich des Gottesvolkes Israel wie auch das sogenannte christliche Mittelalter sind betroffen. Auch wenn die Menschen sich im Mittelalter von Gott her verstanden, bedeutete das nicht, dass sie damals weniger von Misstrauen, Gier, Neid, Rechthaberei und Machtstreben getrieben worden wären als heute. Die Aufklärung war unter anderem auch eine Reaktion auf das Gewaltpotenzial der Religionen, das im Dreissigjährigen Krieg gipfelte. Sie machte allerdings den Fehler, dass sie die Ursache der Gewalt dem Glauben an den biblischen Gott zuschrieb und nicht der Sündhaftigkeit des Menschen. Sie dachte, sie würde die Gewalt los und Freiheit und Frieden etablieren, wenn der Gottesglaube relativiert oder beseitigt würde. Ein fatales Missverständnis, wie das Gewaltpotenzial der atheistischen Ideologien in den folgenden Jahrhunderten bewies!

Mit der Beseitigung Gottes kam nun aber ein noch grundlegenderes Problem hinzu: Es gab keinen Massstab mehr für das Gute, das zuvor im Charakter Gottes, wie er sich in Jesus Christus offenbart hat, begründet war. So folgerte Dostojewski logisch: Wenn es Gott nicht gibt, ist alles erlaubt. Der Mensch tritt selbst an die Stelle Gottes. Das heisst: Der Starke bestimmt, was gut ist, und, wer die Geschichte des Menschen am lautesten und wirksamsten erzählt, besitzt die Deutungshoheit seiner Zeit. Doch das ändert sich ständig, Werte, was uns wichtig ist, lassen sich experimentell umdefinieren.

Doch zum Glück ist der Mensch trotzdem im Ebenbild Gottes geschaffen, die Realität lässt sich nicht leugnen. Wenn das Abschweifen von Gottes Realität wieder ihr volles Ausmass erreicht hat, pfeift uns Gottes Realität zurück, manchmal durch Katastrophen.
Wer also weise leben will, der sollte sich an der Realität orientieren. Und dazu gehört auch die Erkenntnis, dass das eigene Herz von Gott abgefallen ist und zutiefst Erlösung braucht. Hier beginnt die Umkehr zum Guten.

Vom 28.02.–02.03.2019 findet in Karlsruhe der Kongress christlicher Führungskräfte (KCF) statt.

Prof. Dr. Hans-Joachim Eckstein spricht zum Thema: Nicht, um dienen zu lassen, sondern um zu dienen.  Vom realistischen Ideal christlicher Führung.

Dr. Alexander Fink zum Thema: Neuromarketing – Wie die moderne Hirnforschung christliche Werte herausfordert.

Der Schwengeler Verlag wird am Kongress in Karlsruhe mit ethos und factum an einem Stand vertreten sein. Auf Ihren Besuch freuen wir uns!