
Die Jungscharstunde beginnt ganz normal. Die Mädchen und Jungs hängen ihre Jacken auf und stürmen in den Jungscharraum. Schnell bauen die Mitarbeiter noch den Beamer auf. Dann werden ein paar fröhliche Lieder gesungen. Andi spielt Gitarre und Dirk begleitet am Keyboard.
Da! In einer Pause zwischen den Liedern geht es schon los: «Ich hab vorige Woche einen ganz komischen Brief gekriegt», prahlt Timo, «aus Bilovien. Ich weiss überhaupt nicht, wo das ist!»
«Hää, Bilovien?», fragt Carina. «Du meinst bestimmt Bolivien! Das liegt in Südamerika. Aber weisst du was: Ich hab auch einen Brief bekommen – aus Afrika – aus Tunesien per Luftpost. So etwas kam noch nie bei uns an. Ich war total aufgeregt, als ich den aufmachte. Aber ich kannte den gar nicht, der da schrieb. Mein Papa meinte, der Brief kam bestimmt an die falsche Adresse.»
«Waaas, ihr auch?», ruft Marie-Luise erstaunt. «Ich hab Post aus Indonesien gekriegt, mit vier Briefmarken drauf: ganz coole Papageien. Die habe ich sofort für meine Briefmarken-Sammlung ausgeschnitten. Ich sammle nämlich nur Tiermotive.»
«Was stand denn in deinem Brief?», fragt Jasmin – die Pfiffigste der Gruppe. Sie hat einen leisen Verdacht geschöpft.
Doch bevor Marie-Luise antworten kann, berichtet Jasmin: «Ich bekam nämlich auch einen Brief aus dem Ausland, auch letzte Woche und auch per Luftpost! Mein Brief kam allerdings aus Korea. Auf den Briefmarken waren nur asiatische Schriftzeichen.»
«Komisch!«, brummelt Tobias. «Da ist doch etwas oberfaul. Wie kann es sein, dass wir alle in einer Woche aus aller Welt Briefe kriegen? Ich bekam auch Post – aus Neuseeland sogar. Das liegt auf der anderen Seite der Erdkugel. Der Brief muss drei Wochen unterwegs gewesen sein. Das habe ich am Datum vom Stempel ablesen können ...»
Jetzt ist erst mal Schluss mit Singen. Die Kinder reden und reden die ganze Zeit nur aufgeregt von ihrer Post. Rahel hat einen Brief aus Mexiko gekriegt. Tom behauptet, er habe sogar eine Eilsendung aus Grönland erhalten. Micha wedelt mit einem Briefumschlag. Es ist das Kuvert eines Luftpostbriefes aus Japan. Eigentlich wollte er vor den anderen damit angeben. Aber jetzt begreift er, dass fast alle hier einen exotischen Brief aus dem Ausland bekommen haben.
Andreas, der Jungscharleiter, steht auf und betet zu Beginn der Stunde. Noch ist das Amen nicht verklungen, da geht die Raterei weiter. Woher stammen diese merkwürdigen Auslandsbriefe? Eine mysteriöse Geschichte. Wie kann aus allen Teilen der Erde plötzlich Post in ihrem kleinen Dorf angekommen sein? Wer steckt dahinter? Hat vielleicht ein Bekannter von ihnen eine Weltreise gemacht?
Jasmin wiederholt ihre Frage von vorhin: «Micha, was steht denn in deinem Brief aus Japan?» Micha zieht die dünne, hellblaue, knisternde Seite aus dem Umschlag und liest laut vor:
HALLO MICHA!
DU SOLLST HEUTE POST VON MIR BEKOMMEN. KENNST DU MICH? ICH KENNE DICH GUT. WIR WERDEN UNS TREFFEN. VIELLEICHT SCHON BALD. BIS DANN.
DEIN XY.
«Aber ich kenne keinen Japaner und auch keinen XY und die Handschrift hab ich auch noch nie im Leben gesehen.»
«Vielleicht war ja nur jemand Bekanntes von dir dort im Urlaub!», meint Dirk, der Jungscharleiter. «Nö, da wüsste ich keinen ...», schüttelt Micha den Kopf.
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