Heilsgeschichtliche Hintergründe und völkerrechtliche Fakten
Holger Heydorn
20. Januar 2024

Durch den abscheulichen Angriff der Hamas Anfang Oktober auf Israel ist das kleine Land wieder in den Mittelpunkt der weltweiten Aufmerksamkeit gerückt. Neben der Solidarität mit Israel tritt auch ein erschreckendes Mass an Antisemitismus zutage. Kaum ein Thema spaltet die Menschen so sehr wie Israel. Der Grund dafür liegt nicht nur im langjährigen Nahostkonflikt. Jenseits der politischen Fragen muss im Hinblick auf Israel auch die geistliche Dimension dieses Konflikts beachtet werden. Denn Israel ist auch das zentrale Land und Volk der Bibel. Deshalb lohnt sich ein Blick in die Bibel, was dort über dieses Volk und seine Zukunft gesagt wird. Selbst viele Christen wissen das nicht mehr. Aber ohne diese geistliche Sichtweise ist der Konflikt um Israel nicht zu verstehen.

Die Berufung Abrahams

Bedeutend für die Geschichte Israels ist die Berufung Abrahams durch Gott selbst. Die Entstehung Israels ist Gottes Angelegenheit und keine Selbstwahl des Menschen. Als Gott Abraham beruft, spricht er ihm nicht nur zu, ihn zu einem grossen Volk zu machen, sondern auch, ihn zu segnen (1. Mose 12,1–2). Schon hier wird deutlich, dass dieses Volk Gottes Volk sein wird. Das unterscheidet es von allen anderen Völkern dieser Welt. Das heisst nicht, dass Gottes Volk immer alles richtig gemacht hat und auch in Zukunft alles richtig machen wird, aber es ist in dieser Hinsicht ein einzigartiges Volk.

Gottes Volk und die Völker

Schon 1. Mose 12,3 enthält eine der entscheidenden Aussagen in diesem Zusammenhang. Sie betrifft das Verhalten der anderen Völker gegenüber Israel. Gott wird die Völker segnen, die Israel segnen, und die Völker verfluchen, die Israel verfluchen. Diese Aussage ist zeitunabhängig und zieht sich durch die ganze Bibel. Die Völker, die eine positive Haltung gegenüber Israel einnahmen und dem Volk Gutes taten, haben den Segen Gottes immer wieder in vielfältiger Weise erfahren. Die Völker aber, die sich gegen Israel gewandt haben, erlitten schweren Schaden oder verschwanden gar von der Landkarte. Das heisst nicht, dass politische Entscheidungen des heutigen Israel nicht hinterfragt werden dürfen. Entscheidend ist aber die grundsätzliche Haltung gegenüber Israel.

Der Name «Israel»

1. Mose 32,23–33 berichtet von einem geheimnisvollen Kampf, den der Enkel Abrahams, Jakob, mit einem ihm unbekannten Mann führt. Am Ende dieses Kampfes ändert der übernatürliche Gegner den Namen Jakobs in «Israel» («Es streitet Gott»). Gott selbst bestätigt diese Namensänderung in 1. Mose 35,10, und fortan steht dieser Name für das Volk, das aus den zwölf Söhnen Jakobs hervorgeht (2. Mose 1,9 usw.), und für das Land, das Gott ihnen zum Erbe gegeben hat (4. Mose 33,50–56).

Unter Gottes Schutz

Obwohl Israel den meisten anderen Völkern zahlenmässig unterlegen war, hob es sich dennoch von ihnen ab. Denn Gott erwählte sich dieses Volk zu seinem Eigentum (Ps. 135,4 und 5. Mose 7,7–14) und die Bibel nennt es auch «Volk Gottes» (2. Sam. 14,13). Darum steht Israel unter dem besonderen Schutz Gottes. So verheisst Gott Israel in Sacharja 2,12: «Wer euch antastet, der tastet meinen Augapfel an.»

Israels Abfall

Die biblische Geschichte Israels enthält zum Leidwesen Gottes viele Schwankungen. Nicht nur Mose musste gegen sein Volk streiten, weil es sich von Gott abgewandt hatte. Auch der Prophet Samuel hatte damit zu kämpfen, dass Israel so sein wollte wie die anderen Völker. Es bestand statt der Herrschaft Gottes auf einen König (1. Sam. 8,7). Das Volk wollte aber nicht nur ein weltliches Oberhaupt, sondern verehrte (zeitweise) auch die Gottheiten der umliegenden Völker. Dies führte letztlich zur Verbannung des Volkes Israel aus seinem Land, zunächst durch die Assyrer, dann durch die Babylonier.

Gottes Treue

Die Untreue Israels hat jedoch nicht die Treue Gottes zu seinem Volk aufgehoben. Gott hielt an der Erwählung seines Volkes fest und führte es unter dem Perserkönig Kyrus in das Land Israel zurück (Esra 1). Das Volk sollte sich wieder Gott zuwenden und eine gute Beziehung zu ihm eingehen (Jes. 57,17–19).

Widerstand gegen Israel

Solange Israel Gott treu war, schenkte Gott seinem Volk viele militärische Erfolge, so zum Beispiel bei der Eroberung des Landes Kanaan, in dem sich das Volk dann niederliess. Sobald Israel sich von Gott abwandte, verlor es vielfach seinen Schutz und musste militärische Niederlagen oder sogar Fremdherrschaften wie zur Zeit der Richter hinnehmen.
Bei den Kämpfen der Völker gegen Israel ging es auch darum, welcher Gott stärker war. Als es den Philistern einmal gelang, die Bundeslade Israels mit den Tafeln der Zehn Gebote zu erobern, stellten sie sie in den Tempel ihres Gottes. Mehrmals stürzte daraufhin die Statue ihres Gottes um, und egal, wohin die Philister die Lade brachten (Aschdod, Gat oder Ekron), Gott schlug die Menschen mit Plagen. So schickten die Philister die Lade schliesslich wieder zu den Israeliten zurück (1. Sam. 5+6).

Der Plan zur Vernichtung der Juden

Der Versuch, die Juden auszurotten, ist nicht neu. Das Buch Ester berichtet, dass zur Zeit des Perserkönigs Xerxes I. der hochrangige Beamte Haman versucht, die Juden zu vernichten (Est. 3). Er scheitert und endet am Galgen (Est. 7,10). Bei allen Versuchen, dem Volk Israel zu schaden, lässt Gott es niemals zu, dass sein Volk völlig ausgerottet wird. Ein Rest bleibt trotz aller Gerichte immer übrig und wendet sich wieder Gott zu.

Ein Kampf der übernatürlichen Mächte

Die Kämpfe um Israel schon in biblischer Zeit sind nicht zu verstehen, wenn man nur die rein menschlichen Ereignisse betrachtet. Neben der irdischen Dimension kennt die Bibel auch eine übernatürliche. Der Gegenspieler Gottes, der in Hiob 1+2 als Satan bezeichnet wird, versucht gegen alles Göttliche und seine Werke und Ordnungen vorzugehen. Dazu gehört auch Israel. Im Neuen Testament wird dies noch deutlicher.

Lesen Sie den ganzen Artikel in ethos 01/2024