Der Staat hat nicht das Recht, in die Kirche hineinzuregieren, so Paul Schneider. Ein Kurzporträt des «Predigers von Buchenwald».
Johannes Blöcher-Weil
19. Mai 2022

Paul Schneider wird am 29. August 1897 im Hunsrück geboren. Sein Vater ist Pfarrer im Ort. Nach dem Abitur meldet sich Paul freiwillig zum Kriegsdienst. Drei Jahre später tritt er in die Fussstapfen seines Vaters und beginnt Theologie zu studieren. Doch die liberale Theologie bringt ihn in grosse innere Konflikte, so wechselt er in das theologisch konservativere Tübingen und lernt hier auch seine spätere Ehefrau Margarete kennen. Nach seinem Abschluss arbeitet er in der Stadtmission Berlin. Im Januar 1925 wird Schneider in der Gemeinde seines Vaters in Hochelheim als Pfarrer ordiniert.

In seinem Dienst erweist sich Schneider immer dann als kompromisslos, wenn die Wahrheit des Evangeliums öffentlich angegriffen wird. Bei dem, was Deutschland politisch erwartet, sollte ihm dies noch einige Schwierigkeiten bereiten. Der Theologe merkt schnell, dass die Ziele der Nationalsozialisten nicht mit den Aussagen der Bibel übereinstimmen. Als im März 1933 der neu «gewählte» Reichstag zusammentritt, weigert sich Schneider, gegen den Willen seines Kirchenvorstandes, die Glocken zu läuten. Er kann sich damit aber nicht durchsetzen.

Paul Schneider schliesst sich früh der Bekennenden Kirche an, die den Einfluss des Nationalsozialismus auf die Kirche zurückdrängen will. Die Ideologie setze anstelle des Glaubens ans «ewige Reich unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus den Glauben an das ewige Deutschland».
Konflikte mit dem Presbyterium hat er auch bei der Zulassung zum Abendmahl. Es stört ihn, dass Menschen am Abendmahl teilnehmen, obwohl «Busse, Sündenerkenntnis und die Bereitschaft, sich von Christus beschenken zu lassen», nicht vorhanden seien. Diese «billige und folgenlose Gnade» will er nicht akzeptieren.

«Dieser Mensch gehört in ein Konzentrationslager und nicht auf die Kanzel», schreibt die NSDAP-Kreisleitung über den rebellischen Pfarrer. Der öffentliche Druck wächst. Er wird in den Hunsrück versetzt, bleibt aber gegenüber dem NS-Regime geradlinig und wird erstmals in Schutzhaft genommen.

An den Reichstagswahlen 1936 nehmen die Schneiders nicht teil. Anonyme beschmieren daraufhin das Pfarrhaus. Im Mai 1937 wird Schneider erneut verhaftet, weil er «den ganzen Hunsrück gegen die Gestapo aufwiegele». Er kommt in Schutzhaft nach Koblenz. Nach seiner Freilassung verbietet der Staat ihm, in seine Gemeinde und zu seiner Familie zurückzukehren. Auch dagegen sträubt sich der Vater von sechs Kindern. Der Staat habe nicht das Recht, in die Kirche hineinzuregieren, begründet er in einem ausführlichen Brief. Auf dem Weg zum Erntedank-Gottesdienst wird er wieder verhaftet. Nach wenigen Wochen im Gestapo-Gefängnis Koblenz verlegt man ihn ins KZ Buchenwald.

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